Geschichte des elektrischen Stroms

Vom Bernstein zur Elektrifizierung der Welt

Jeder verwendet Strom täglich. Wir benötigen ihn, um unser Essen zu kochen, Licht zu haben, unsere Handys aufzuladen, um mit dem Zug zu fahren oder um unsere Wohnung mit einer Stromheizung, Elektroheizung oder einem Elektrokamin zu heizen. Fast in jeder Lebenslage erleichtert Strom uns den Alltag. Doch seit wann gibt es Strom überhaupt? Eigentlich gibt es elektrischen Strom schon immer, da er keine Erfindung, sondern ein Naturphänomen ist. Vor über 2000 Jahren wurde dieses Phänomen entdeckt und seitdem erforscht und nutzbar gemacht. Unser Ratgeber klärt Sie über die Geschichte des elektrischen Stroms auf: von der Entdeckung bis heute. Was genau Strom ist erfahren Sie in unserem Ratgeber über Strom.

Thales von Milet: Entdeckung von elektrischen Teilchen

Bereits vor über 2000 Jahren, ca. 550 v. Chr., entdeckte der griechische Mathematiker und Philosoph Thales von Milet die elektrische Ladung von Teilchen. Beim Reiben von Bernstein stellte er fest, dass er so kleine Teilchen anziehen kann. Nachdem er einen Bernstein an einem trockenen Tierfell rieb, blieben Stroh und kleine Federn daran hängen. Zwar konnte er dieses Phänomen nicht erklären, gilt seitdem aber als der Entdecker der Elektrizität. Diese Entdeckung gab auch dem Elektron (negativ geladenes Elementarteilchen) seinen Namen: Es wurde 1874 von George Johnstone Stoney nach dem altgriechischen Wort für Bernstein élektron (ἤλεκτρον) benannt.

Otto von Guericke: Elektrisiermaschine

1672 erfand der deutsche Physiker Otto von Guericke eine Maschine, die elektrische Ladungen erzeugen kann. Diesen ersten Generator nannte er selbst Elektrisiermaschine. Durch eine sich drehende Schwefelkugel konnten Funken erzeugt werden. Mithilfe dieser Maschine beobachtete er verschiedene Phänomene wie die Elektrolumineszenz (Leuchtwirkung), die Influenz (Leitung von elektrischer Ladung) sowie, dass sich zwei gleich elektrisierte Körper abstoßen.

Charles du Fay: Entdeckung von positiver und negativer Ladung

1733 gelang es dem französischen Wissenschaftler Charles du Fray, die Existenz zweier unterschiedlicher Ladungen nachzuweisen: einer positiven und einer negativen. Bei Versuchen mit der Reibungselektrizität stellte er fest, dass sich beide gegenseitig neutralisieren können. Den heutigen Begriff der positiven Ladung bezeichnete er als Glaselektrizität und den der negativen Ladung als Herzelektrizität. Im Anschluss an du Frays Entdeckung entwickelte Jean-Antoine Nollet seine Zweiflüssigkeitstheorie, auch dualistische Theorie genannt, die auch Robert Symmer vertrat: Ein elektrischer Körper wird demnach von zwei Elektrizitätssorten umgeben. Diese wurden als zwei Fluide (Affluvium und Effluvium) verstanden. Bereits hier wurde von positivem und negativem Fluidum gesprochen, das die noch heutige Bezeichnung von positiver und negativer Ladung prägte. Auch Charles Augustin de Coulomb übernahm später das dualistische Modell und legte ihm die Existenz zweier Ladungsarten zugrunde.

Von Kleist und van Muschenbroek: Leidener Flasche oder Kleistsche Flasche

1745 und 1746 wurde der erste elektrische Kondensator erfunden. Die beiden Wissenschaftler Ewald Georg von Kleist und Pieter van Muschenbroek entwickelten unabhängig voneinander eine frühe Bauform eines Kondensators. Bei einem Experiment, bei dem von Kleist einen Nagel in eine Flasche mit Alkohol legte und an die Elektrizitätsmaschine anschloss, bekam er einen Stromschlag. Ähnlich erging es van Muschenbroek. Viele Forscher variierten dieses Experiment mit unterschiedlichen Flüssigkeiten und mit einer Metallummantelung. Die endgültige Form erhielt die Leidener Flasche 1748 von den britischen Ärzten John Bevis und William Watson aus London: Statt die Flasche mit Flüssigkeit zu füllen, verkleideten die beiden die Flaschenwände mit Zinnfolie (Stanniol).

Benjamin Franklin und William Watson: Einflüssigkeitstheorie

1752 gelang es dem amerikanischen Politiker und Forscher Benjamin Franklin mithilfe seines Drachenexperiments aufzuzeigen, dass auch in der Natur Elektrizität vorkommt: nämlich in Form von Blitzen. In der Nähe eines Gewitters lies er einen Drachen steigen, dessen Schnur mit einem geerdeten Schlüssel verbunden war. Die hierbei entstandenen Funken bewiesen seine Theorie. Infolge dieser Erkenntnis erfand Benjamin Franklin den Blitzableiter. In seinem über elektrische Erscheinung verfassten Buch Experiments and Observations on Electricity prägte er den Begriff Ladung (charge). Franklin verstand elektrische Ladung wie ein unbelastetes oder belastetes Konto, das durch Reibung umverteilt wird. Auch William Watson kam zur selben Zeit zu einer ähnlichen Bewertung. Nach dieser neuen Theorie – die Einflüssigkeitstheorie oder unitaristische Theorie – werden elektrisch neutral erscheinende Körper im Gegensatz zur dualistischen Theorie von nur einem Fluidum umgeben. Durch Reibung zweier Körper gehe so eine Menge des Fluidums des einen Körpers zu dem des anderen über. Dadurch wird der eine Körper positiv und der andere negativ aufgeladen. Ladungen werden demnach nicht durch Reibung erzeugt, sondern voneinander getrennt. Bis heute sind beide Modelle – das dualistische und unitaristische – in Anwendung.

Luigi Galvani und Alessandro Volta: Erfindung der Batterie

Bei Forschungen entdeckte der italienische Arzt Luigi Galvani 1780, dass ein Froschbein beim Kontakt mit Eisen und Kupfer zuckt. Er selbst hielt das für eine elektrische Wirkung und nannte seine Entdeckung tierische Elektrizität. Tatsächlich wurde das Froschbein jedoch durch den Stromfluss zwischen den unterschiedlichen Metallen von Messer und Unterlage bewegt. Im Jahr 1800 wurden Galvanis Experimente von Alessandro Volta fortgeführt. Hierbei entstand durch eine chemische Reaktion der erste Vorläufer der Batterie, die Volta’sche Säule: Mit Salzlösung getränkte Pappscheiben trennten dünne Kupfer- und Zinkscheiben voneinander.

André-Marie Ampère: Entwicklung von Generatoren

1820 erforschte der französische Forscher André-Marie Ampère den Einfluss von Magneten und den Elektromagnetismus. 1826 erkannte der deutsche Physiker Georg Simon Ohm den Zusammenhang zwischen Stromstärke, Widerstand und Spannung. Die von ihm hierzu entwickelte Formel ist heute als Ohmsche Gesetz bekannt. 1866 gelingt dem deutschen Ingenieur Werner von Siemens die Entwicklung einer Dynamomaschine. Dies war der erste Generator, der in der Praxis eingesetzt wurde.

Thomas Alva Edison: erste Glühlampe und Elektrifizierung der Welt

Am 27.01.1880 erhielt Thomas Alva Edison das Patent für die erste wettbewerbsfähige Elektrobeleuchtung: die Glühbirne mit Kohlefaden. In den 1880er Jahren war die Glühbirne das erste elektrische Produkt, das in Privathaushalten benutzt wurde. Im Zuge dessen begann der Bau und Ausbau der elektrischen Versorgungsnetze. Edison war zudem bei der Entwicklung von Kraftwerken beteiligt, die öffentliche Gebäude und private Haushalte mit Strom für die Beleuchtung versorgten. Er arbeitete dabei ausschließlich mit Gleichstrom. 1886 entwickelten Nikola Tesla und George Westinghouse die heute gebräuchliche Form der elektrischen Übertragung: mit Wechselstrom. 1891 erfand Tesla einen Transformator, der Hochspannung für Wechselstrom erzeugen konnte. Ebenfalls 1891 gab es die erste Fernübertragung nach heutiger Technik mit Dreiphasenwechselstrom von Lauffen nach Frankfurt. Mit der Glühbirne begann so die Elektrifizierung der Welt. Bis heute hat sich die Technik laufend verbessert und ist nicht mehr wegzudenken. Elektrogeräte wie Wandheizung, Stromheizung, Elektrospeicherheizung, Herd, Kühlschrank, Fernseher, Lampen, Smartphone und viele mehr erleichtern und verschönern uns täglich den Alltag.